Kündigungsschutz – Risiken und Chancen bei der Berechnung des Schwellenwertes

Das Problem

Ein Kündigungsschutz besteht eigentlich erst dann, wenn der Arbeitgeber mehr als 10 Mitarbeiter im Sinne des § 23 KSchG beschäftigt. In vielen Unternehmen gibt es aber freie Mitarbeiter sowie externe Dienstleister, bei denen sich die Frage stellt, ob es sich um Scheinselbstständige handelt, die deshalb im Rahmen des § 23 KSchG mitzuzählen sind. Bejaht man diese Frage und führt die Mitzählung zu einer Überschreitung des Schwellenwertes, dann bedarf es eines Kündigungsgrundes, der aber – in der irrtümlichen Annahme des Arbeitgebers, es bestehe kein Kündigungsschutz – zumeist nicht vorliegt.

Die aktuelle Entscheidung

Die 11. Kammer des Arbeitsgerichts Köln hat zu dieser Problematik nun in einem unveröffentlichten Beschluss vom 16.11.2020 deutlich gemacht, welche Risiken (für den Arbeitgeber) und Chancen (für den Arbeitnehmer) sich hier verbergen. Obwohl es eigentlich die Sache des Arbeitnehmers ist, darzulegen und zu beweisen, ob die Schwellenwerte des § 23 KSchG überschritten werden, dürfen – so das Arbeitsgericht Köln – an die Erfüllung der Darlegungslast durch den Arbeitnehmer keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Denn es ist der Arbeitgeber, der aufgrund seiner Sachnähe ohne Weiteres substantiierte Angaben zum Umfang und zur Struktur der Mitarbeiterschaft machen kann. Deshalb war es im konkreten Fall – es ging um die Status-Bewertung der rund 25 Dozenten einer privaten Berufsfachschule – die Sache des Arbeitgebers, nicht nur die mit jedem Dozenten getroffenen Vereinbarungen vorzulegen, sondern auch zu jedem einzelnen Dozenten die tatsächlich gelebte Praxis darzulegen, und zwar:

“… wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten und wie weit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann.”

Fazit

Auf den Arbeitgeber kommen hier erhebliche Risiken zu. Er muss hier möglicherweise sehr viel Zeit und Arbeit investieren, um das Gericht davon zu überzeugen, dass seine freien Mitarbeiter oder externen Dienstleister keine Arbeitnehmer sind. Umgekehrt eröffnen sich für den Arbeitnehmer neue Chancen. Denn wird der Schwellenwert durch die Berücksichtigung solcher Mitarbeiter oder Dienstleister überschritten, dann drohen dem Arbeitgeber unter dem Aspekt der Scheinselbständigkeit nicht nur arbeitsrechtliche, sondern auch gravierende sozialversicherungs- sowie auch steuerrechtliche Konsequenzen. Für den Arbeitgeber kann es daher oftmals ratsam sein, sich auf einen Vergleich einzulassen, um „Verböserungen“ abzuwenden.

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