Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht durch das Jahressteuergesetz 2020

Das Gemeinnützigkeitsrecht hat durch das Jahressteuergesetz 2020 bemerkenswerte Änderungen erfahren. So bringt das in weiten Teilen zum 01.01.2021 in Kraft getretene Jahressteuergesetz 2020 u.a. Erleichterungen im Bereich der Mittelverwendung sowie eine Erweiterung der zulässigen gemeinnützigen Zwecke sowie Erleichterungen im Bereich der Mittelverwendung.

1. Erleichterungen im Bereich der Mittelverwendung

Wichtig für kleinere Stiftungen ist eine neu in das Gesetz eingefügte Ausnahme vom Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung (insoweit gilt bekanntlich, dass eine zur Erhaltung der Gemeinnützigkeit erforderliche zeitnahe Mittelverwendung gegeben ist, wenn die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden) in das Gesetz aufgenommen wurde. Dieser Grundsatz gilt nicht mehr für Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von nicht mehr als € 45.000,00.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie gemeinnützige Körperschaften, die nicht unter die vorgenannte Grenze fallen, mit der Problematik umgehen, dass sie pandemiebedingt Mittel nicht zeitnah verwenden können. Hierzu gibt es eine Antwort in den FAQ des BMF zu Steuern und Corona:

Eine steuerbegünstigte Körperschaft (z.B. ein gemeinnütziger Verein oder eine Stiftung) hat Mittel aus Vorjahren angesammelt und kann diese nun aufgrund der Corona-Krise im Jahr 2020 oder im Jahr 2021 nicht ausgeben. Verliert sie nun die Gemeinnützigkeit?

Gesetzlich vorgesehen ist, dass Mittel zeitnah und somit spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Jahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden müssen. Stellt die Finanzverwaltung fest, dass der Verein seine Mittel nicht zeitnah verwendet hat, wird das Finanzamt dem Verein eine angemessene Frist zur Mittelverwendung setzen. Angesichts der derzeitigen Situation werden bei der Frist in jedem Fall die Auswirkungen der Corona-Krise berücksichtigt. Den steuerbegünstigten Körperschaften wird damit mehr Zeit als gewöhnlich zur Verwendung der angesammelten Mittel eingeräumt.

Die jetzt im Jahr 2020 oder 2021 eigentlich für einen bestimmten Zweck zur Verwendung vorgesehenen Mittel müssen also nicht irgendwie anderweitig vergeben werden, nur damit der Status der Gemeinnützigkeit erhalten bleibt.

Gemeinnützige Organisationen, bei denen sich aktuell diese Problematik stellt, sollten sich auf die entsprechende Stelle in den FAQ des BMF berufen. Es gibt allerdings keine generelle Aussetzung des Grundsatzes der zeitnahen Mittelverwendung.

Ebenfalls Erleichterungen im Bereich der Mittelverwendung bringt eine Neuregelung zu Kooperationen in § 57 Abs. 3 AO. Der Unmittelbarkeitsgrundsatz besagt, dass jede gemeinnützige Körperschaft ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke grundsätzlich selbst zu erfüllen hat. Jetzt ist in § 57 Abs. 3 AO geregelt worden, dass die Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar verfolgt, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die ebenfalls gemeinnützig sein muss, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Wichtig ist, dass das Zusammenwirken mit der anderen Körperschaft in der Satzung festgelegt sein muss und ein planmäßiges Zusammenwirken erforderlich ist. Somit können Körperschaften ihre steuerbegünstigten Zwecke bei entsprechenden Satzungsregelungen auch ausschließlich durch Kooperation mit anderen Körperschaften verwirklichen.

Die Zulässigkeit der Mittelbeschaffung für andere gemeinnützige Körperschaften und der (teilweisen) Mittelzuwendung an andere Körperschaften wurde jetzt einheitlich im neu gefassten § 58 Nr. 1 AO geregelt, wonach die Gemeinnützigkeit nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass eine Körperschaft einer anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts Mittel für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke zuwendet, wenn diese andere Körperschaft ihrerseits gemeinnützig ist. Wenn eine Körperschaft als einzige Art der Zweckverwirklichung Mittel anderen Körperschaften oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts zuwenden will (Förderkörperschaft), ist die Mittelweitergabe als Art der Zweckverwirklichung in der Satzung zu benennen.

 

2. Erweiterung der zulässigen gemeinnützigen Zwecke

Neu als förderungswürdig in das Gesetz aufgenommen wurde

  • die Hilfe für Menschen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden.

Außerdem ist

  • die Förderung der Heimatpflege, Heimatkunde und der Ortsverschönerung sowie
  • die Förderung des Freifunks

als gemeinnützig anerkennbar.

In Reaktion auf eine gerichtliche Entscheidung, gemäß der die Unterhaltung eines Friedhofs nicht als unmittelbare Förderung der Religion oder Kultur angesehen werden kann, wurde

  • die Förderung der Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen und die Förderung der Unterhaltung von Gedenkstätten für nicht erstattungspflichtige Kinder und Föten

in den Katalog der förderungswürdigen Zwecke aufgenommen.

Politische Initiativen, die Förderung des Journalismus und die Förderung des eSports als gemeinnützig anzuerkennen, sind indes vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen worden.

3. Weitere Änderungen

Wichtig für die Praxis ist die Anhebung verschiedener Freibeträge und Freigrenzen, so wurde

  • die Freigrenze für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von € 35.000,00 auf € 45.000,00 angehoben.
  • Der Betrag, für den ein vereinfachter Zuwendungsnachweis (Kontoauszug / Überweisungsträger) als Ersatz für eine Spendenquittung ausreicht, wurde von € 200,00 auf € 300,00 erhöht.
  • Außerdem wurden einkommensteuerliche Freibeträge erhöht,
    • nämlich der Übungsleiterfreibetrag von € 2.400,00 auf € 3.000,00 und
    • der Ehrenamtsfreibetrag von € 720,00 und € 840,00 auf € 840,00.

Neu ist auch die gesetzlich normierte Einrichtung eines Zuwendungsempfängerregisters durch das Bundeszentralamt für Steuern. Mit diesem Register soll es für Spender eine größere Sicherheit geben, dass die Empfänger von Zuwendungen tatsächlich als gemeinnützig anerkannt sind; außerdem soll es größere Transparenz im Hinblick auf die von den Zuwendungsempfängern (gemeinnützige Organisationen) verfolgten gemeinnützigen Zwecke geben.  Diese Regelung tritt zum 01.01.2024 in Kraft.

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