Praktische Relevanz
Personengesellschaften, insbesondere in der Form der GmbH & Co. KG, (bei gewerblicher Tätigkeit steuerrechtlich Mitunternehmerschaften im Sinne von § 15 Abs. 3 EStG) sind vor allem im Mittelstand sehr häufig anzutreffende Gesellschaftsformen. Dabei ergibt sich regelmäßig die Situation, dass wesentliche Betriebsgrundlagen (insbesondere der betrieblich genutzte Grundbesitz, Fabrikationsgebäude etc., beispielsweise aber auch Patente) nicht im zivilrechtlichen Eigentum der Gesellschaft stehen, sondern (zivilrechtlich) im persönlichen Eigentum des Gesellschafters gehalten werden, um mögliche Haftungsfolgen bei einer Insolvenz des Unternehmens für diese werthaltigen Betriebsgrundlagen zu vermeiden. Steuerrechtlich handelt es sich allerdings um Betriebsvermögen, und zwar – da im persönlichen Eigentum eines Gesellschafters stehend – um sog. Sonderbetriebsvermögen, welches ertragssteuerrechtlich Teil des Mitunternehmeranteils bei der Personengesellschaft ist. Bei Anteilsübertragungen, insbesondere bei Anteilsübertragungen im Generationswechsel stellt sich sehr häufig das Problem, dass der bisherige Gesellschafter (bei Unternehmensübertragungen an die nächste Generation: der Senior) diese wesentlichen Betriebsgrundlagen in seinem zivilrechtlichen Eigentum – zumindest für einen gewissen Zeitraum – zurückhalten möchte, da damit zu seinen Gunsten Erträge, etwa in Form von Mieteinnahmen verbunden sind. Damit stellt sich die Frage, welche Auswirkungen das Zurückbehalten oder eine Ausgliederung dieses Sonderbetriebsvermögens in eine andere Gesellschaft für die grundsätzlich bei Schenkung von Mitunternehmeranteilen gegebene Buchwertfortführung (Vermeidung der Aufdeckung stiller Reserven anlässlich der Übertragung, § 6 Abs. 3 EStG) hat.
Aktuelle Erlasse der Finanzverwaltung und praktische Gestaltungskonsequenzen
Mit dem schon etwas älteren BMF-Schreiben vom 20.11.2019 (IV C 6-2241/15/1003, BStBl I 2019, 1291) und aktuell weitere offene Fragen klarstellend mit BMF-Schreiben vom 05.05.2021 (IV C 6-S 2240/19/10003, DStR 2021, 1112) hat die Finanzverwaltung Grundsätze für das „Auseinanderfallen“ von Gesellschaftsanteil und Sonderbetriebsvermögen bei schenkweisen Übertragungen festgehalten:
(1) Grundsätzlich umfasst der steuerliche Mitunternehmeranteil den Gesellschaftsanteil und das funktional wesentliche Sonderbetriebsvermögen. Bei isolierter Verfügung allein über den Gesellschaftsanteil scheidet die Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 EStG grundsätzlich aus.
(2) Grundsätzlich ist also (vorbehaltlich der nachstehend angesprochenen Ausnahmeregelungen) das Sonderbetriebsvermögen einheitlich mit dem Gesellschaftsanteil zu übertragen. Ob die Übertragung von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen und des Gesellschaftsanteils an einen Erwerber dementsprechend zeitgleich erfolgt, ist nach dem Bestand des im Zeitpunkt der Übertragung vorhandenen Betriebsvermögens zu bestimmen. Maßgebend ist der Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO).
(3) Eine Veräußerung funktional wesentlichen Betriebsvermögens oder Sonderbetriebsvermögens an einen Dritten oder eine Entnahme derartigen Betriebsvermögens durch den übertragenden Gesellschafter (z.B. durch Übertragung an einen Angehörigen) jeweils unter Aufdeckung der stillen Reserven, kann – auch wenn der Vorgang auf einheitlicher Planung mit der späteren Anteilsübertragung beruht – für die Buchwertfortführung unschädlich sein, wenn dieser Vorgang zeitlich vor der Anteilsübertragung stattfindet und wenn das verbleibende (später übertragene) Restbetriebsvermögen weiterhin eine betriebliche Einheit ist. Dementsprechend ist es für die Buchwertfortführung schädlich, wenn die Entnahme oder die Veräußerung des Sonderbetriebsvermögens an einen Dritten zeitgleich mit der Anteilsübertragung stattfindet. Eine zeitlich vor der Anteilsübertragung liegende (und damit nicht schädliche) Veräußerung oder Entnahme in diesem Sinne ist allerdings schon gegeben, wenn nur „eine juristische Sekunde“ zwischen der anderweitigen Übertragung des Sonderbetriebsvermögens und der Anteilsübertragung liegt.
(4) Anders als bei der vorstehend angesprochenen Veräußerung oder Entnahme ist die Ausgliederung von Wirtschaftsgütern – auch von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen – in ein anderes Betriebsvermögen zeitgleich mit der Anteilsübertragung für die Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 EStG unschädlich. Die Buchwertprivilegien gem. § 6 Abs. 3 EStG und § 6 Abs. 5 EStG finden nebeneinander Anwendung. Auch hier darf die zeitgleiche Ausgliederung jedoch nicht zu einer Zerschlagung der betrieblichen Einheit führen.
Grundsätzlich sind diese Klarstellungen zu begrüßen, da sie Möglichkeiten zur – praktisch oft gewollten – Trennung oder Zurückbehaltung von Sonderbetriebsvermögen bei Anteilsübertragungen an Mitunternehmerschaften schaffen. Gleichwohl ist auf eine sehr sorgfältige Planung, insbesondere hinsichtlich der Zeitabläufe zu achten. Wenn beispielsweise Sonderbetriebsvermögen und Gesellschaftsanteil an den gleichen Erwerber übertragen werden sollen (also ein einheitlicher Übergang des Mitunternehmeranteils geplant und für die steuerlichen Vergünstigungen auch erforderlich ist), dann kann es schon schädlich sein, wenn auch nur eine geringe Zeitdifferenz von einem Tag gegeben ist (beispielsweise in einem vom BFH entschiedenen Fall bei Übertragung von Grundbesitz im Sonderbetriebsvermögen auf einen 30.12. und Übertragung des zugehörigen Gesellschaftsanteils auf den folgenden 01.01. – der BFH sah dies als schädlich für die einheitliche Übertragung des Mitunternehmeranteils an). Weiterhin ist zu beachten, dass die oben festgestellten Grundsätze für unentgeltliche Übertragungen und die Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 EStG gelten. Die damit verbundene Aufgabe der „Gesamtplanrechtsprechung“ – nämlich Unschädlichkeit einer auf einem einheitlichen Plan beruhenden parallelen Ausgliederung des Sonderbetriebsvermögens in ein anderes Betriebsvermögen gem. § 6 Abs. 5 EStG – gilt nicht für die steuerlichen Vergünstigungen bei Verkauf von Mitunternehmeranteilen gem. §§ 16, 34 EStG; in derartigen Veräußerungskonstellationen muss immer noch mit der Anwendung der Gesamtplanrechtsprechung (und damit mit der Versagung der steuerlichen Vergünstigungen) gerechnet werden.
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- “Die Gesellschafterversammlung der GmbH & Co KG” in “Der GmbH-Steuer-Berater” 2007, 349 ff.
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