Das Problem
Der BGH hat sich bereits in diversen Entscheidungen dazu geäußert, ob und inwieweit ein (steuerlicher) Berater oder ein Rechtsberater gegenüber der Insolvenzschuldnerin/dem Insolvenzverwalter bzw. der ehemaligen Geschäftsführung der Insolvenzschuldnerin haftet, wenn er mit der Beratung eines Unternehmens in einer Krisensituation beauftragt war. Ebenso hat der BGH im Jahre 2017 entschieden, dass der Berater unter Umständen gegenüber der Insolvenzschuldnerin/dem Insolvenzverwalter auch bei einem eingeschränkten Mandat, das nicht eine ausdrückliche insolvenzrechtliche Beratung zum Gegenstand hatte, aus der Verletzung einer Hinweisverpflichtung wegen eines Insolvenzvertiefungsschadens haften kann (vgl. BGH-Urteil vom 26.01.2017 – IX ZR 285/149).
Das aktuelle Urteil
In einem aktuellen Urteil vom 29.06.2023 (Az. IX ZR 56/22) hat sich der BGH mit der Frage befasst, ob der Rechtsberater eines krisenbehafteten Unternehmens unter Umständen nach der Insolvenz auch gegenüber der Geschäftsführung wegen einer Nebenpflichtverletzung und eines daraus resultierenden Insolvenzvertiefungsschadens schadenersatzpflichtig sein kann. Im konkreten Fall hatte der Rechtsberater mit der Insolvenzschuldnerin kein Mandat zur Prüfung der Insolvenzreife; er hatte die Insolvenzschuldnerin in anderen Angelegenheiten beraten und hätte anlässlich dieser Beratung möglicherweise erkennen können, dass die Insolvenzschuldnerin insolvenzreif war. Der BGH hat klargestellt, dass ein Berater gegenüber der Geschäftsführung nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auch dann haften könne, wenn er nicht ausdrücklich mit einer insolvenzbedingten Beratung mandatiert war. Eine Haftung komme dann in Betracht, wenn der Berater aufgrund des Mandates bestimmungsgemäß auch mit Insolvenzthemen in Berührung komme. Erfolge aus den Besonderheiten des Mandates eine Nebenpflicht zum Hinweis auf Insolvenzgefahren, könne daraus auch eine Haftung gegenüber der Geschäftsführung resultieren. Im konkreten Fall hat der BGH die Sache zur erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen. Dieses habe zu prüfen, ob eine Hinweis- und Warnpflicht auf einen möglichen Insolvenzgrund als Nebenpflicht verletzt worden sei. Sofern das OLG zu einer Verletzung gelange, müsse es sich auch mit der Frage befassen, ob im betroffenen Fall aus dem speziellen Mandat der betroffene Geschäftsleiter in den Schutzbereich des Mandates gefallen sei und ob er insoweit aus der Verletzung einer Nebenpflicht eigene Ansprüche herleiten könne.
Beraterhinweis
Welche konkreten Pflichten in der Krisensituation für den Berater bestehen, hängt sehr eng mit dem konkreten Beratungsinhalt und den Kenntnissen des Beraters in der Krisensituation zusammen. Allein der Umstand, dass ein in einer Krisensituation befindliches Unternehmen beraten wird, wird noch nicht zu einer insolvenzspezifischen Hinweisverpflichtung führen. Geschuldet sind ein Hinweis oder eine Warnung erst dann,
- wenn dem Berater der mögliche Insolvenzgrund bekannt wird,
- dieser für ihn offenkundig ist oder der Insolvenzgrund sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung des Mandates aufdrängt,
- und wenn der Berater Grund zu der Annahme haben muss, dass sich der Geschäftsleiter über den möglichen Insolvenzgrund und die daraus folgenden Handlungspflichten nicht bewusst ist.
Die bloße Erkennbarkeit eines Insolvenzgrundes reicht für eine Hinweisverpflichtung nicht aus (vgl. BGH-Urteil vom 26.01.2017, Az. IX ZR 285/14, vom 21.06.2018 – Az. IX ZR 80/17). Die Hinweis- und Warnpflicht auf einen potentiellen Insolvenzgrund erfordert aber keine eigenständige Prüfung des Vorliegens oder der Ermittlung des Insolvenzgrundes.
Kommt der Berater in einer Krisensituation beispielsweise aufgrund eines gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmandates oder einer sonstigen Gestaltungsberatung mit Fragen der Insolvenzreife in Berührung und ist für ihn eine mögliche Insolvenzreife z.B. bei einer bilanziellen Überschuldung erkennbar, kann sich daraus eine Hinweisverpflichtung ergeben. Insoweit sollte der Berater bei entsprechenden Erkenntnissen die Schuldnerin bzw. deren Geschäftsführung auch auf die potentielle Insolvenzgefahr hinweisen und der Geschäftsführung raten, sich diesbezüglich anderweitig beraten zu lassen, wenn der betroffene Berater zur Insolvenzthematik nicht beraten will/kann. Das bloße „Wegschauen“ und der Verweis darauf, dass keine insolvenzspezifische Beratungspflicht besteht, wird den Berater nach Insolvenz in einer entsprechenden Konstellation nicht vor einer Haftung schützen.
Der Inhalt dieses Artikels ist zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung aktuell und korrekt. Da sich die Umstände schnell ändern können, nehmen Sie im Zweifelsfall bitte Kontakt mit den zuständigen Beratern auf.
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- “Die Gesellschafterversammlung der GmbH & Co KG” in “Der GmbH-Steuer-Berater” 2007, 349 ff.
- “Upstream-Darlehen und Cash-Pooling in der GmbH” in “Der GmbH-Steuer-Berater” 2009, 342
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