Immer wieder grüßt die Sozialversicherungspflicht

Das Problem

Bei einem GmbH-Fremd-Geschäftsführer scheidet eine selbständige Tätigkeit generell aus, mit der Folge, dass insofern stets eine Sozialversicherungspflicht besteht. Wie aber ist es, wenn ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt ist? Hält der Gesellschafter mehr als 50 v.H. der Anteile am Stammkapital, dann besitzt er die Rechtsmacht, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Gleiches gilt für eine im Gesellschaftsvertrag geregelte “echte” Sperrminorität, die sich allumfassend auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft bezieht, und die den Gesellschafter somit in die Lage versetzt, sich in Bezug auf seine Geschäftsführertätigkeit gegenüber den ihm nicht genehmen Weisungen der Mehrheit zur Wehr zu setzen. Ansonsten geht das Bundessozialgericht durchweg von einer Sozialversicherungspflicht des Minderheits-Gesellschafters aus. Gelten diese Grundsätze aber auch dann, wenn für die GmbH eine freiberufliche, fachlich weisungsunabhängige Tätigkeit ausgeübt wird wie z.B. diejenige eines Steuerberaters oder eines Rechtsanwaltes?

Die Entscheidungen

Das Bundessozialgericht hat bereits in einem Urteil vom 07.07.2020 entschieden, dass die Gesellschafter-Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft mbH eine abhängige Beschäftigung ausüben und somit der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Aus der Zuordnung zu einem “freien Beruf” lasse sich, so das BSG, noch keine normative Wirkung in dem Sinn ableiten, dass die Angehörigen eines solchen Berufes grundsätzlich einer selbständigen Tätigkeit nachgingen. Auch das Berufsrecht der Steuerberater stehe einer Angestellten-Behandlung nicht entgegen, weil das Sozialversicherungsrecht einerseits und das Steuerberatungsgesetz andererseits unterschiedliche Zwecke verfolgen würden.

 

In einem weiteren aktuellen Urteil vom 28.06.2022 ist das BSG auch für Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwalts GmbH bei dieser Linie geblieben. Der Umstand, dass Anwälte unabhängige Organe der Rechtspflege sind, stehe dem nicht entgegen. Ohnehin würde die Tätigkeit als Rechtsanwalt in der anwaltlichen Wirklichkeit überwiegend im Angestelltenverhältnis ausgeübt.

Fazit

Als Gesellschafter einer “Gesellschaft bürgerlichen Rechts” (GbR) haften Steuerberater und Anwälte ebenso persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft wie auch die Partner einer Partnergesellschaft, deren Haftung gemäß § 8 PartGG mit der Haftung der Gesellschafter einer OHG vergleichbar ist, was jeweils eine Sozialversicherungspflicht ausschließt. Demgegenüber ist bei der Rechtsform einer GmbH Vorsicht geboten. Allen Steuerberatern/Anwälten, die keine Mehrheitsgesellschafter sind, ist dringendst zu empfehlen, bei der Deutschen Rentenversicherung rechtzeitig Befreiungsanträge von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen. Die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung hängt demgegenüber nicht von einem solchen Befreiungsantrag ab, sondern alleine von der Höhe des Gehalts. Die Sozialversicherungspflicht des GmbH-Gesellschafters lässt sich auch nicht dadurch vermeiden, in dem z.B. der Minderheits-Gesellschafter ausschließlich auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages für die GmbH tätig wird und nicht zum Geschäftsführer bestellt wird. Denn die vom BSG entwickelten Grundsätze gelten auch für den „nur“ mitarbeitenden Minderheits-Gesellschafter.

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