Mietzahlungspflicht des Wohnraummieters in Zeiten der Coronakrise

Droht Wohnraummietern – insbesondere Freiberuflern, Selbständigen und Künstlern, die durch den Coronavirus und hierdurch herbeigeführte Verdienstausfälle und Zahlungsschwierigkeiten haben – die fristlose Kündigung des Wohnraum-Mietvertrages, wenn die Mietzahlungen nicht mehr, nicht mehr fristgerecht oder nicht mehr vollständig geleistet werden können?

Unsere Einschätzung

Die derzeitigen gesetzlichen Kündigungsregelungen von Wohnraum-Mietverhältnissen wegen Zahlungsverzug werden durch die Coronakrise grundsätzlich nicht außer Kraft gesetzt oder gehemmt. Bei Zahlungsverzug droht die Kündigung.

I.
Die von dem Corona-Virus ausgelösten wirtschaftlichen Folgen mit ihrer sehr hohen Dynamik, die von vielen offensichtlich so nicht erwartet wurde, werden sehr schnell auch den Bereich des Wohnraum-Mietrechts erreichen und stellen Mieter wie Vermieter vor hohe Herausforderungen:

Soweit im Einzelfall mietvertraglich nichts anderes geregelt ist, kann grundsätzlich ein Wohnraum-Mietverhältnis durch den Vermieter wegen Zahlungsverzuges fristlos, und zwar auch ohne vorherige Mahnung oder Abmahnung, gekündigt werden, wenn der Mieter entweder mit zwei aufeinanderfolgenden Terminen mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete (der Rückstand muss den Betrag von einer Monatsmiete übersteigen) in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Errichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht (§ 543 Abs. 2 Ziff. 3. lit.a) und b) BGB in Verbindung mit § 569 Abs. 3 Ziff. 1 BGB).

Grundsätzlich ist gemäß § 275 BGB zwar der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, wenn diese für den Schuldner unmöglich ist. Diese Regelung ist nach überwiegend vertretener Auffassung auf Geldschulden, wie beispielsweise Mietzahlungspflichten, nicht anwendbar, denn nach der Rechtsprechung gilt: „Geld hat man zu haben“.

II.
Die Politik hat diese dramatische Problematik bereits erkannt und prüft Möglichkeiten, wie Mieterinnen und Mieter, die infolge der Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten kommen, vor dem Verlust der Mietwohnung geschützt werden können.

Bis dato gibt es aber weder eine rechtliche Auffanglösung, mit der die derzeit bestehenden gesetzlichen Kündigungsregelungen eingeschränkt oder modifiziert werden, noch gibt es eine tatsächliche Auffanglösung, beispielsweise in Form eines Sonderfonds, mit denen Mieterinnen und Mietern geholfen wird, die unverschuldet ihre Miete derzeit nicht zahlen können.

Ob es hier kurzfristig Lösungsansätze geben wird, ist fraglich und bleibt abzuwarten. Von daher muss der Mieter die Rechtslage beachten, wie sie augenblicklich besteht.

III.
Hinzu kommt, dass die Interessenlage auf Vermieterseite außerordentlich heterogen sein kann.

So haben einerseits große Wohnungsgesellschaften zwischenzeitlich bereits angekündigt, den Mietern zu helfen und entgegenzukommen, wobei unklar ist, wie dies im Einzelfall ausgestaltet sein soll. Nicht ausgeschlossen werden kann aber auch, dass vereinzelte Vermieter die unverschuldeten Zahlungsschwierigkeiten der Mieter ausnutzen wollen, um „unliebsame“ Mietverhältnisse zu beenden bzw. auf deren Wege höhere Mieten bei einer Neuvermietung erzielen zu können.

Insbesondere kleinere gewerbliche Vermieter und Privatpersonen, die das Mietobjekt finanziert haben, sind ihrerseits dringend auf die Mietzahlungen angewiesen, um nicht selbst in Zahlungsverzug gegenüber den finanzierenden Banken zu geraten verbunden mit einem daraus resultierenden Kündigungsrisiko.

Insbesondere in Bezug auf diese Mietverhältnisse sitzen Mieter und Vermieter in einem Boot. Die derzeit bestehende Zahlungsschwierigkeit des Mieters kann mit kurzfristiger zeitlicher Verzögerung zu einer Zahlungsschwierigkeit des Vermieters gegenüber Banken und Versorgern führen. Daher kann nur die dringende Handlungsempfehlung ausgesprochen werden, dass Mieter, die kurz- oder mittelfristige Zahlungsschwierigkeiten bereits absehen können, zeitnah Kontakt mit dem Vermieter aufnehmen, um auszuloten und zu prüfen, ob einvernehmliche Regelungen in Form der zeitlich befristeten Stundung oder Reduzierung der Mietzahlungsverpflichtung möglich sind. Hierbei ist zu beachten, dass gemäß der Presseerklärung der Stadt Köln vom 17.03.2020 bei den von der Stadt erhobenen Angaben, insbesondere der Gewerbesteuer, der Grundsteuer sowie Abfall-, Straßenreinigung- und Abwassergebühren die Möglichkeit besteht, einen Antrag auf Stundung von Steuerzahlungen zu stellen. Wenn die Stundung der Vermeidung von Liquiditätsengpässen infolge der Corona-Pandemie dient, können dabei auch die Stundungszinsen erlassen werden.

Durch ein abgestimmtes und gemeinsames Handeln von Mieter und Vermieter können Liquiditätsengpässe zumindest abgemildert werden

IV.
Sollte eine solche einvernehmliche Lösung zwischen Mieter und Vermieter nicht möglich sein, kann und muss den Mietern, solange es keine Auffanglösung durch die Politik gibt, dringend empfohlen werden, in jedem Fall auch durch Inanspruchnahme wirtschaftlicher Reserven oder ähnlicher Möglichkeiten einen kündigungsrelevanten Mietzahlungsverzug zu vermeiden, soweit das Risiko des Verlustes der Wohnung sicher vermieden werden soll.

V.
Zwar sieht das Gesetz zugunsten des Wohnraummieters vor, dass eine wegen Zahlungsverzuges ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam wird, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruches hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546 a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Das gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist. Dieser „Rettungsanker“ versagt zudem, wenn innerhalb dieser Frist von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruches bzw. bis zu diesem Zeitpunkt die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die bestehenden Mietrückstände auszugleichen, nicht gegeben sind.

Der Inhalt dieses Artikels ist zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung aktuell und korrekt. Da sich die Umstände schnell ändern können, nehmen Sie im Zweifelsfall bitte Kontakt mit den zuständigen Beratern auf.

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