Unwirksame Zinsanpassungsklausel in Prämiensparverträgen

Die Entscheidung

Mit mehreren Urteilen hat der Bundesgerichtshof (BGH) Klauseln verschiedener Sparkassen für unwirksam erklärt, die eine Anpassung des variablen Zinssatzes bei Sparverträgen durch einseitige Vorgabe der Kreditinstitute ermöglichen sollten. Mit Urteilen vom 06.10.2021 (AZ: XI ZR 234/20) und vom 24.11.2021 (AZ: XI ZR 461/20) hat der BGH folgende Vertragsklauseln für unwirksam erklärt:

“Die Spareinlage wird variabel, zurzeit mit … % p. a. verzinst.” und “Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, zurzeit …%”.

Das Gericht urteilte, dass diese Formulierungen nicht den gesetzlichen Anforderungen an Allgemeine Geschäftsbedingungen genügen. Für die Sparer sei es nämlich in keiner Weise kalkulierbar, wie sich die Zinsen ändern könnten. Vielmehr würden diese Klauseln dem Kreditinstitut erlauben, eine Änderung des Zinssatzes allein durch einen entsprechenden Aushang im Kassenraum vorzunehmen.

Der BGH entschied, dass Kreditinstitute auf Basis solcher Klauseln keine Zinsanpassungen vornehmen dürften, weil diese Klauseln unwirksam seien. Dies habe allerdings nicht zur Folge, dass Prämiensparverträge keiner Zinsanpassung unterliegen. Das Gericht entschied weiter, dass im Wege sogenannter Vertragsauslegung ein Referenzzinssatz gefunden werden müsse, nach dem sich die (zulässigen) Zinsänderungen richten. Dementsprechend müsse anhand dieses Referenzzinssatzes ein neuer Zinsverlauf bestimmt und berechnet werden, in welcher Höhe dem Sparer ein Anspruch auf Zinszahlung gegen das Kreditinstitut zustehe.

Die Zinsanpassung sei hierbei monatlich vorzunehmen und die Kreditinstitute müssten sich an den monatlich von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinsstatistiken orientieren. Der BGH entschied allerdings nicht, welchen konkreten Referenzzinssatz die Kreditinstitute heranziehen müssen. Dies müsse dann von jedem einzelnen Gericht, das mit der Prüfung eines Prämiensparvertrages befasst ist, individuell entschieden werden. Auch etwaige individuelle Absprachen zwischen Sparer und Kreditinstitut müssten Berücksichtigung finden.

Fazit

Der BGH hat entschieden, dass Klauseln in Prämiensparverträgen, die dem Kreditinstitut ein einseitiges Recht zur Änderung der Zinshöhe durch einen bloßen Aushang im Kassenraum ermöglichen, unwirksam sind. Die dem Sparer zustehenden Zinszahlungen sind daher mit Hilfe eines Referenzzinssatzes neu zu berechnen. Welcher Referenzzinssatz heranzuziehen ist, muss im Einzelfall von den Gerichten festgelegt werden. Allerdings muss eine monatliche Anpassung des Zinssatzes unter Heranziehung eines von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Referenzzinssatzes erfolgen. Je nach dem welcher Referenzzinssatz herangezogen wird, kann dies mathematisch zu durchaus großen Unterschieden führen. Schließlich ist wichtig, dass der Anspruch des Sparers auf Neuberechnung bzw. Nachzahlung der Zinsen erst mit Beendigung des Prämiensparvertrages fällig wird und nicht schon während der Laufzeit. Die dreijährige Verjährungsfrist für diesen Anspruch beginnt deshalb erst mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Prämiensparvertrag beendet worden ist.

Der Inhalt dieses Artikels ist zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung aktuell und korrekt. Da sich die Umstände schnell ändern können, nehmen Sie im Zweifelsfall bitte Kontakt mit den zuständigen Beratern auf.

Ihre Ansprechpartner

Dr. Thomas Klein
Fachanwalt für Steuerrecht | Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

geboren 1964, Rechtsanwalt seit 1994
Sprachen: Englisch

Telefon: (0221) 272 50 – 213
Telefax: (0221) 272 50 – 222
klein(at)wirtz-kraneis.com

Tätigkeitsbereich
  • Gesellschaftsrecht, insbesondere streitige Gesellschafterauseinandersetzungen und M & A
  • Organhaftung und D & O
  • Bank- und Kapitalmarktrecht
  • Steuerrecht, insbesondere Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterregressverfahren sowie Rechtsanwalts- und Notarregressverfahren mit steuer- oder gesellschaftsrechtlichem Einschlag
  • Erbrecht, insbesondere streitige Erbauseinandersetzungen
Sonstige Aktivitäten
  • Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft der Fachanwälte für Steuerrecht e.V.
  • Mitglied in Deutsche Gesellschaft für Vermögensschadenhaftpflicht e.V., DGVH
  • Mitglied in der Bankrechtlichen Vereinigung e.V.
  • Mitglied im Ausschuss Bank- und Kapitalmarktrecht des Kölner Anwaltvereins
  • Mitglied im Vorprüfungsausschuss der Rechtsanwaltskammer Köln “Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht”
  • Veröffentlichungen in “Der GmbH-Steuer-Berater”, Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Dozententätigkeit für die Centrale für GmbH (“Konflikte in der GmbH und GmbH & Co. KG”)
Fachanwalt für Steuerrecht | Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Martin Jäger
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht | Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

geboren 1964, Rechtsanwalt seit 1995
Sprachen: Englisch

Telefon: (0221) 272 50 – 210
Telefax: (0221) 272 50 – 333
jaeger(at)wirtz-kraneis.com 

Tätigkeitsbereich
  • Bank- und Kapitalmarktrecht, insbesondere Darlehensrecht und Baufinanzierung
  • Immobilienrecht, insbesondere Vertrieb von Einzelimmobilien als Kapitalanlage (Prospektgestaltung)
  • Miet- und Leasingrecht, insbesondere Finanzierungsleasing für Gewerbekunden
  • Wohnungseigentumsrecht
  • Zwangsvollstreckung
Sonstige Aktivitäten
  • Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien des Deutschen Anwaltverein
  • Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktecht des Deutschen Anwaltverein
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht | Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Florian Kelm, LL.M.
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

geboren 1975, Rechtsanwalt seit 2003
Sprachen: Englisch

Telefon: (0221) 272 50 – 210
Telefax: (0221) 272 50 – 333
kelm(at)wirtz-kraneis.com

Tätigkeitsbereich
  • Bank- und Kapitalmarktrecht, insbesondere Abwehr von Haftungsansprüche aus Anlageberatung und -vermittlung
  • Leasingrecht, insbesondere Finanzierungsleasing für Gewerbekunden
  • Vertriebsrecht
  • Immobilienrecht, insbesondere Vertrieb von Einzelimmobilien als Kapitalanlage (Prospektgestaltung)
Sonstige Aktivitäten
  • Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im DAV
  • Mitglied im Ausschuss Bank- und Kapitalmarktrecht des Kölner Anwaltvereins
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht