Wie (un-)sicher ist ein Aufhebungsvertrag

Das Problem

Aufhebungsverträge sind aus Arbeitgebersicht nach wie der bevorzugte Weg einer möglichst konfliktfreien Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Allerdings folgt auf den Abschluss desselben immer wieder die Anfechtung von Seiten des Arbeitnehmers. Angriffsfläche bietet dabei neuerdings eines Verstoßes gegen das sog. Gebot des fairen Verhandelns. Dieses wird missachtet, wenn – so das Bundesarbeitsgericht – die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners „in zu missbilligender Weise beeinflusst wird“. Ob dann die vermeintlich abschließende Regelung einer gerichtlichen Überprüfung anhand dieses Maßstabs standhält, lässt den Arbeitgeber manchmal bangen.

So auch in einem Fall, der sich auf einem Abfallbetriebshof ereignet hat. Der Arbeitnehmer war im Bereich der Abfallbeseitigung/-entsorgung und der Abfallverwertung tätig. Ihm wurde die Entnahme eines Fahrradwracks aus einem Schrottcontainer zum Verhängnis. Denn dies war – ungeachtet des (Metall-/Schrott-) Wertes des Fahrradwracks – eine Straftat, vor deren Begehung die Mitarbeiter zudem durch eine Dienstanweisung ausdrücklich gewarnt worden sind. Es kommt zur zeitnahen Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrag, der noch am Tag der Vertragsunterzeichnung anwaltlich angefochten wird. Der (in diesem Fall vor rund 20 Jahren aus Osteuropa eingewanderte) Arbeitnehmer habe – so die Kernargumente im Prozess – nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügt, um die Tragweite und die genauen Inhalte des Geschehens zu verstehen, er habe den Vertrag mangels seiner Brille auch gar nicht lesen können, und außerdem sei die ganze Verhandlungssituation im Sinne der BAG-Rechtsprechung „unfair“ gewesen.

Die Entscheidung

Für das Arbeitsgericht Dortmund, im Ergebnis bestätigt durch LAG Hamm, waren keine Anfechtungsgründe ersichtlich. Zum einen stelle nur die unbewusste, nicht aber die bewusste Unkenntnis vom wirklichen Sachverhalt einen Irrtum im Sinne des § 119 BGB dar. Derjenige, der ein Schriftstück unterschreibt, ohne es gelesen zu haben und ohne von seinem Inhalt eine bestimmte Vorstellung zu haben, kann nicht im Rechtssinne „irren“. Das Sprachrisiko liege beim Arbeitnehmer. Insofern sei von (ausländischen) Arbeitnehmern zu verlangen, dass sie keine (deutschsprachigen) Vereinbarungen unterschreiben, die sie nicht verstehen. Geschieht dies trotzdem, signalisieren sie ihrem Vertragspartner, dass sie mit dem Inhalt trotz (angeblich) fehlender Sprachkenntnisse einverstanden sind. Angesichts der vielen Jahre, die der Arbeitnehmer bereits in Deutschland gelebt und für das Unternehmen gearbeitet hatte, müsse könne dem Arbeitgeber kein Fehlverhalten vorgeworfen werden. Auch ein Anfechtungsrecht nach § 123 BGB wegen einer Drohung sei zu verneinen, da die Vorwürfe aus Sicht des Arbeitgebers schwerwiegend genug waren, um sogar eine fristlose Kündigung in Erwägung ziehen zu dürfen. Einen Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns vermochte das Gericht unter keinem der vom Arbeitnehmer im Prozess vorgebrachten Aspekte festzustellen.

Fazit

Das Risiko nachträglicher Versuche, den Aufhebungsvertrag „aus der Welt zu schaffen“, sollte idealerweise bereits bei der Vorbereitung einer Aufhebungsverhandlung berücksichtigt werden. Dabei gilt es, mögliche arbeitsrechtstypische Angriffspunkte zu (er-) kennen und durch einen strukturierten Ablaufplan zu vermeiden. Ein besonderes Augenmerk wird man dabei auf das von der Rechtsprechung – in den Konturen leider noch nicht sehr ausentwickelte – Gebot des fairen Verhandelns richten müssen.  Bestimmte, mit der Aufhebungssituation einhergehende Sondereinflüsse oder gar Überraschungen wird man sicherlich nie ganz verhindern können. Darüber hinaus ist es Arbeitgebern stets dazu zu raten, eine Beendigungsmöglichkeit durch eine Kündigung zu prüfen und diese dann auch vorsorglich auszusprechen. Denn sollte ein Aufhebungsvertrag tatsächlich einmal mit Erfolg angefochten werden, könnte dann noch auf einen „Notanker“ zurückgegriffen werden. Im Prozess würde dies die Chance optimieren, einen Vergleich abschließen zu können, der dem avisierten Aufhebungsvertrag zumindest sehr nahekommt.

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