Änderungen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentums- und Insolvenzrecht in der Coronakrise

Trotz der Einschränkung von Kontakten während der Coronakrise soll die Handlungsfähigkeit von Gesellschaften, Genossenschaften, Vereinen und Wohnungseigentümergemeinschaften sichergestellt werden

Auch die Bestimmungen des Insolvenzrechts sollen nicht dazu führen, dass die Wirtschaft zum Erliegen kommt. Das hierzu beschlossene und nach Verkündung im Bundesgesetzblatt wirksame Gesetz sieht u.a. folgende Erleichterungen vor:

Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht

Für Aktiengesellschaften, KGaA und SE sind die folgenden Erleichterungen beschlossen worden:

  • Der Vorstand der Gesellschaft kann auch ohne Satzungsermächtigung eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung ermöglichen
  • Es kann eine präsenzlose Hauptversammlung mit eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeiten durchgeführt werden
  • Die Einberufungsfrist kann auf 21 Tage verkürzt werden
  • Der Vorstand wird ermächtigt, auch ohne Satzungsregelung Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn vorzunehmen.
  • Eine Hauptversammlung kann innerhalb des Geschäftsjahres durchgeführt werden, das heißt, die bisherige Achtmonatsfrist wird verlängert.

Auch in der GmbH können abweichend von § 48 Absatz 2 GmbHG Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden.

Ebenso werden für Vereine, Stiftungen und Genossenschaften Möglichkeiten geschaffen, Versammlungen ohne physische Präsenz durchzuführen oder Beschlüsse außerhalb von Versammlungen zu fassen.

Ergänzend hierzu wird für Genossenschaften, Vereine, Stiftungen und Wohnungseigentümergemeinschaften der vorübergehende Fortbestand bestimmter Organbestellungen geregelt, sollten diese ablaufen, ohne dass neue Organmitglieder bestellt werden können. Auf diese Weise geht die Handlungsfähigkeit nicht durch den Ablauf von Fristen verloren.

In Wohnungseigentümergemeinschaften soll der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans gelten.

Damit auch die Umstrukturierung von Gesellschaften nicht durch den Fristablauf in der Coronakrise gehindert wird, wird die Frist nach § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG betreffend die Bilanzaufstellung auf einen Stichtag vor der Anmeldung von 8 auf 12 Monate verlängert.

Insolvenzrecht

Die strafbewehrte Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a der Insolvenzordnung und nach § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Diese Ausnahmeregelung gilt jedoch nur, wenn die Insolvenzreife infolge der Coronakrise eingetreten ist. Eine gesetzliche Vermutung regelt, dass eine Ursächlichkeit der Coronakrise dann anzunehmen ist, wenn zum 31.12.2019 keine Zahlungsunfähigkeit bestand.

Auch das Recht der Gläubiger, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen, wird für einen dreimonatigen Zeitraum suspendiert.

Flankierend dazu werden die gesellschaftsrechtlichen Auszahlungsverbote nach § 64  Satz1 GmbHG, § 92 Absatz 2 Satz 1 AktG, § 130a Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit § 177a Satz 1 HGB und § 99 Satz 1 GenG für den Zeitraum der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ebenfalls ausgesetzt.

Neue Kredite werden anfechtungs- und haftungsrechtlich privilegiert, um einen Anreiz für die Gewährung solcher Kredite zu schaffen. In bestehenden Geschäftsbeziehungen wird die Anfechtung von Vorgängen eingeschränkt, um einen Anreiz dafür zu schaffen, die Geschäftsbeziehung fortzusetzen.

Die vorgenannten Regelungen zum Insolvenzrecht können aufgrund einer geschaffenen gesetzlichen Ermächtigung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bis höchstens zum 31. März 2021 verlängert werden.

Unsere Bewertung

Durch die getroffenen Maßnahmen will der Gesetzgeber die Handlungsfähigkeit erhalten und in der gegenwärtigen Ausnahmesituation Zeit gewinnen. Wichtig ist es, trotz der gewonnenen Zeit erforderliche Maßnahmen rechtzeitig abzustimmen, um so Konflikte in den Gesellschaften Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Wohnungseigentümergemeinschaften vorzubeugen.

Die gesetzlichen Maßnahmen im Insolvenzrecht geben Raum trotz bestehender Liquiditätsengpässe die laufenden Geschäfte aufrechtzuerhalten, ohne dass die Fortführung durch das „Damoklesschwert“ der Insolvenz gehemmt wird.

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  • “Upstream-Darlehen und Cash-Pooling in der GmbH” in “Der GmbH-Steuer-Berater” 2009, 342
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