Insolvenzanfechtungen in der Coronakrise ausgeschlossen?

Neben den für uns alle spürbaren Einschränkungen im öffentlichen Leben (Lockdown) hat die Coronakrise auch erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf Unternehmen. Es wird eine Rezession, die nahezu alle Wirtschaftsbereiche betreffen und Unternehmen noch für lange Zeit belasten wird, erwartet. Um diese Folgen abzumildern hat der Gesetzgeber u.a. das “Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz COVInsAG)“), das rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft getreten ist, beschlossen. Das Gesetz schränkt nicht nur die Insolvenzantragspflichten, sondern auch die Insolvenzanfechtungsmöglichkeiten erheblich ein.

Nach § 2 Nr. 4 COVInsAG sind kongruente Rechtshandlungen, also “Rechtshandlungen, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte” der Anfechtung grundsätzlich entzogen.

Darüber hinaus sind auch bestimmte inkongruente Rechtshandlungen, nämlich

  • Leistungen an Erfüllungs statt oder erfüllungshalber
  • Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners;
  • die Bestellung einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Sicherheit, wenn diese nicht werthaltiger ist;
  • die Verkürzung von Zahlungszielen und
  • die Gewährung von Zahlungserleichterungen.

in einem späteren Insolvenzverfahren nicht durch den Insolvenzverwalter anfechtbar.

Dieser Ausschluss der Anfechtung bestimmter inkongruenter Gestaltungen ermöglicht es Vertragspartnern, bei Bedarf von bestehenden vertraglichen Regelungen abzuweichen, ohne dass dies als anfechtbares Rechtsgeschäft angesehen wird, was ohne die gesetzliche Regelung regelmäßig der Fall wäre. Es empfiehlt sich also zu prüfen, ob entsprechende Vereinbarungen anfechtungsfest getroffen werden können, die den Vertragspartnern trotz der Coronakrise den weiteren Leistungsaustausch ermöglicht, ohne dass ein Teil befürchten muss, in einer späteren Insolvenz des anderen Vertragsteils bereits erhaltene Leistungen aufgrund von Insolvenzanfechtungen zurückgewähren zu müssen.

Fazit

Zu beachten ist, dass der Anfechtungsausschluss zeitlich befristet (30.09.2020) und nicht allumfassend ausgestaltet ist. Beim Leistungsaustausch mit Schuldnern, die sich bereits vor und/oder unabhängig von der Coronakrise in der wirtschaftlichen Krise befunden haben, bestehen – unabhängig von der Gestaltung – erhebliche Anfechtungsrisiken.

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