Schadenersatzansprüche gegen Abschlussprüfer im Rahmen eines Kapitalanlegermusterverfahrens (BayObLG vom 28.02.2025 – 101 Kap 1/22)

Das Problem

Verletzt ein Unternehmen Verpflichtungen zur Veröffentlichung von Kapitalmarkinformationen, können geschädigte Anleger Schadenersatzansprüche gegen das für die Veröffentlichung verantwortliche Unternehmen oder deren Vorstände im Rahmen des sogenannten Kapitalanleger-Musterverfahrens (KapMuG-Verfahren) geltend machen. Regelmäßig stehen in solchen Konstellationen auch der Abschlussprüfer im Fokus und die Frage im Raum, ob die Abschlussprüfung fehlerhaft war. Eine sich daran anschließende Frage ist die, ob solche Schadenersatzansprüche gegen den Abschlussprüfer im Rahmen eines KapMuG-Verfahrens geltend gemacht werden können. Dies wiederum hängt davon ab, ob der Abschlussvermerk des Abschlussprüfers eine öffentliche Kapitalmarktinformation im Sinne von § 1 Abs. Nr. 1 KapMuG darstellt.

Die Entscheidung

Der Teil-Musterentscheid des BayObLG (1. Zivilsenat) vom 28. Februar 2025 mit dem Aktenzeichen 101 Kap 1/22 befasste sich u.a. mit diesen Fragestellungen. In dem Kapitalanleger-Musterverfahren streiten die Parteien darüber, ob die W. AG im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihrer Geschäftsberichte für die Jahre 2014 bis 2018 Pflichten im Rahmen der Kapitalmarktkommunikation verletzt habe, sowie darüber, ob die Musterbeklagte zu 2) als Abschlussprüferin bei der Überprüfung der Konzern-Rechnungslegung der W. AG gegen Prüfpflichten verstoßen und sich durch die Erteilung uneingeschränkter Bestätigungsvermerke zu den Konzernabschlüssen und Konzernlageberichten für die vorgenannten Geschäftsjahre an fehlerhaften Kapitalmarktinformationen der W. AG beteiligt bzw. selbst fehlerhafte Kapitalmarktinformationen getätigt habe. In den amtlichen Leitsätzen hielt das BayObLG folgendes fest:

  • Feststellungsziele, mit denen anspruchsbegründende Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche gegen den Abschlussprüfer wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Durchführung einer Pflichtprüfung nach den §§ 316ff. HGB festgestellt werden sollen, sind im Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in der bis einschließlich 19. Juli 2024 geltenden Fassung (a. F.) nicht statthaft. Solche Schadensersatzansprüche fallen nicht in den Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG a. F. Dies gilt unabhängig davon, ob die geltend gemachte Schadensersatzpflicht auf die täterschaftliche Verwirklichung deliktischer Haftungstatbestände oder auf Beihilfe zu kapitalmarktrechtlichen Pflichtverletzungen des geprüften Unternehmens gestützt wird. (Rn. 116 – 127).

 

  • Der Bestätigungsvermerk gemäß § 322HGB stellt nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in der bis einschließlich 19. Juli 2024 geltenden Fassung keine öffentliche Kapitalmarktinformation des Abschlussprüfers dar, weil der Abschlussprüfer das in diesem Vermerk zusammengefasste Prüfungsergebnis nicht selbst an den Kapitalmarkt kommuniziert und mit der Annahme des Prüfungsauftrags nicht die Aufgabe übernommen hat, den Kapitalmarkt über das Prüfungsergebnis zu unterrichten. (Rn. 184)

 

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil ist von erheblicher Relevanz für die Geltendmachung und Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen gegen Abschlussprüfer im Zusammenhang mit fehlerhaften Kapitalmarktinformationen. Ziel des Kapitalanleger-Musterverfahrens ist es, gleichartige Fragstellungen zu etwaigen Ansprüchen verschiedener Kläger wegen derselben Kapitalmarktinformationen in einem Verfahren zu bündeln. Diese Möglichkeit ist nach den Ausführungen des BayObLG in der Entscheidung vom 28.02.205 bei der Haftung des Abschlussprüfers wegen eines angeblich fehlerhaften Abschlussvermerks im Zusammenhang mit Kapitalmarkinformationen nicht gegeben. Solche etwaigen Haftungsansprüche können daher nicht in einem Musterverfahren sondern nur individuell im Verfahren jedes einzelnen Geschädigten geklärt werden. Die Bündelung in einem Verfahren wäre beispielsweise möglich, wenn die Geschädigten ihre Ansprüche gegen den Abschlussprüfer an eine natürliche oder juristische Person abtreten.

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